Kein Kienast, kein Hornung, kein Problem
Gegensätzlicher hätte das Bild in der Alleen-Sporthalle in Ludwigsburg am Samstag um kurz nach halb neun Uhr abends kaum sein können. Auf der einen Seite die Gäste von der TSG Blankenloch, die ihren – aufgrund der Personalsituation zumindest in dieser Deutlichkeit unerwarteten – 3:0 Auswärtserfolg feiern konnten. Auf der anderen Seite die Gastgeber vom MTV Ludwigsburg, die sich vor heimischer Kulisse einen Sieg ausgerechnet hatten und sich immer noch fragten, wie dieses Ergebnis (19, 22, 19) und vor allem der Verlauf des zweiten Satzes möglich gewesen waren.
Der Tabellenzweite aus Baden war mit großen Personalsorgen in die Barockstadt angereist. Ohne Marko Kienast (privat verhindert) und Stefan Hornung (Rückenprobleme) standen gerademal 8 Spieler im Kader, davon mit Flo Ebert nur ein gelernter Mittelblocker. Da musste Spielertrainer und Allzweckwaffe Torsten Kirchhardt einmal mehr selbst ran und besetzte die vakante Mittelblockposition kurzerhand selbst. Nach Einsätzen als Zuspieler, Libero und Aussenangreifer fehlt Kirchhardt damit nur noch ein Einsatz auf der Diagonalposition, um in dieser Saison jede Position im Punktspiel mindestens einmal bekleidet zu haben – wahrscheinlich einzigartig in der Dritten Liga. Auf der Diagonalen konnte besser ausgeglichen werden: da steht mit dem ewig jungen Philipp Lintner immer ein sehr starker Ersatz für Punktemaschine Kienast zur Verfügung.
Die Partie startete ausgeglichen mit leichten Vorteilen für die TSG (10:7). Ludwigsburg schaffte es nicht, die vermeintlichen Schwächen in der Notaufstellung der Badener konstant auszunutzen. Nur manchmal konnte MTV Mittelblocker Tim Ziegler seinen Größenvorteil gegen die (selbstgemessenen und nicht von unabhängiger Stelle bestätigten) 1,90m von Kirchhardt zur Geltung bringen. Dagegen wussten Seyar Rahmani und Benny Loritz auf den Aussenpositionen mit einer Mischung aus harten Angriffen und klugen Lobs immer wieder zu gefallen und Lintner erledigte seinen Job insbesondere gegen den etwas kleineren Aussenangreifer des MTV gewohnt zuverlässig. Die Mitte über Flo Ebert (und ab und an auch Kirchhardt) setzte genug Nadelstiche, um das Angriffsspiel nicht zu ausrechenbar werden zu lassen. So zogen die Gäste mit einer guten Abwehrleistung und taktisch konsequentem Spiel davon und holten sich sicher mit 25:19 den ersten Satz.
Die Gastgeber tauschten auf zwei Positionen aus und versuchten zu kontern. Immer wieder konnten sich Pascal Winter und der eingewechselte Kapitän Tin Tomic auf Aussen durchsetzen, während Blankenloch ab dem Stand von 11:11 trotz guter Annahme Probleme hatte, sich im Angriff durchzusetzen (12:17). Dann drückte Seyar Rahmani im TSG Trikot der Partie seinen Stempel auf. Mit druckvollen Sprungaufschlägen unterband er den Spielaufbau der Gastgeber. Blankenloch konnte mehrfach gegen Winter mit Einerblocks punkten und der Ludwigsburger Diagonalangreifer Stern traf aus dem Rückraum das Feld nicht. Die restlichen MTV Angriffe konnten von der TSG Defensivabteilung entschärft werden und Rahmani verwertete die Punktchancen unwiderstehlich ein ums andere Mal aus dem Hinterfeld. Als der Wirbel vorbei war, lag die TSG mit 20:17 in Front. Ludwigsburg kam zwar nochmal auf 22:22 heran, doch Loritz (Sideout, Aufschlag) und – natürlich – Rahmani (Angriff) erledigten den Rest (25:22).
Mit dem bereits sicheren Auswärtspunkt im Gepäck konnte die TSG nun weiter locker aufspielen, während die MTV Akteure merklich angespannter wurden. Mitte des Satzes (13:13) schlichen sich kleine Fehler ins Ludwigsburger Spiel ein (16:13 TSG). In der Folge konnte Blankenloch bei eigenem Aufschlag mehrfach punkten und spätestens als Flatteraufschläge von Kirchhardt zunächst die Brust eines Annahmespielers und dann die Seitenlinie trafen (20:16, 22:16) schienen alle Akteure den Ausgang des Satzes zu ahnen. Rahmani war es überlassen, den ersten Matchball zum 25:19 zu verwandeln.
Das „Schweizer Taschenmesser“ Kirchhardt war natürlich zufrieden mit seinem Team und dem Ergebnis. „Mit einem 3:0 habe ich definitiv nicht gerechnet. Wir haben gewusst, dass wir nur gewinnen können, wenn wir Ludwigsburg stetig unter Druck halten, sonst hätten sie ihre athletischen Vorteile ausspielen können. Das haben wir auch geschafft – Seyar, Benny, und Philipp haben im Angriff wirklich stark gespielt und die Ludwigsburger haben ihrerseits zwar hart, aber auch ins Aus angegriffen. Und am Beispiel des zweiten Satzes sieht man, was mentale Stärke im Volleyball ausmachen kann. Wir sind auch unter Druck mit einem hohen Rückstand ruhig geblieben und haben uns Punkt um Punkt erarbeitet. Letztlich war das der Schlüssel.“
Die TSG hat sich mit diesem Sieg – auch wenn es drei Absteiger geben sollte – endgültig den sicheren Klassenerhalt gesichert und kann die letzten fünf Partien der Saison locker angehen. Nach einer Spielpause am kommenden Wochenende steht der „Knaller“ gegen die Übermannschaft dieser Saison, den TV Bliesen, an (15.2.2020, 16:00 Sporthalle Blankenloch). Auch wenn die Meisterschaft schon seit langem faktisch entschieden ist, wollen Kirchhardt und Co den Saarländern ein Bein stellen. „Erstens wollen wir unserem Publikum noch einmal gute Spiele bieten. Und zweitens wollen wir mindestens einen Punkt, sonst wird Bliesen in unserer Halle Meister und das braucht kein Mensch.“ so Kirchhardt der bis dahin wieder auf die Stützen Kienast und Hornung zählen können sollte. „Die beiden, und nach heute vor allem Stefan in der Mitte, müssen sich aber ihren Platz im Training erst wieder erarbeiten.“ schloss der sichtlich gut gelaunte TSG Trainer süffisant seinen Ausblick ab.